Wie geht´s dem Wald in Rheinland-Pfalz?

von Andreas Breitbach

Wie geht's dem Wald in Rheinland-Pfalz?

Die Konsequenzen der Klimakrise sind überall sichtbar, auch in den Wäldern. Gleichzeitig sind Wälder derzeit der einzige Bereich, welcher „negative Emissionen“ erzeugt: Fast 6 % werden so in Deutschland ausgeglichen. Wälder sind also wichtiger Teil einer Lösung für die Klimakrise. Das führt zur Frage: Wie steht es um den Wald in Rheinland-Pfalz, und was plant die Landesregierung in diesem Zusammenhang?

Bestandsaufnahme: Zustand des Walds in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz stieg die mittlere Jahrestemperatur gegenüber Ende des 19. Jahrhunderts um 1,6° Celsius.
Dies führte unter anderem zu großflächigen Dürren. Herausragend waren Sommer und Herbst 2018, die trockenste Zeit seit 1951 (Beginn der Messungen). Besonders betroffen sind Bäume und Wälder, weil sie längere Zeit zur Anpassung benötigen: 100 bis 200 Jahre dauert ein Generationenwechsel, welcher zur stückweisen, evolutionären Anpassung benötigt würde. Kein Wunder also, dass laut dem Waldzustandsbericht 2020 für Rheinland-Pfalz „[a]lle Kennwerte […] den negativsten Zustand für unseren Wald in der gesamten Zeitreihe aus[weisen]“

Zudem kann ein so komplexes System wie der Wald mit seinem Zusammenspiel aus verschiedenen Pflanzen- und Tierarten nicht einfach an geänderte Bedingungen angepasst werden; wie dies im Garten- und Landschaftsbau vergleichsweise einfach möglich ist.

Der Wald ist also geschwächt, und wird aus diversen Richtungen ins Kreuzfeuer genommen:

Wie alle Pflanzen brauchen Bäume Wasser, das auch als Transportmittel für Nährstoffe fehlt.

Trockene Bäume können kein Harz mehr bilden und sich damit schlechter gegen Borkenkäfer verteidigen, der zudem bei Hitze eine dritte Generation im Jahr erreichen kann. Auch für weitere Schädlinge wie Prachtkäfer oder Douglasiengallmücke sind die geschwächten Bäume anfälliger. Zudem ist befallenes Holz weniger gut vermarktbar.

Der „Windwurf“ durch Stürme und Starkregen vernichtet teils ganze Waldgebiete. Im Hunsrück z.B. ist der Kyrillpfad bei Kastellaun seit 2007 eine traurige Attraktion; Starkregen weicht darüber hinaus den Waldboden auf und die Bäume fallen auch bei kleineren Stürmen leichter.

Natürlich sind die Bäume auch für Krankheiten anfälliger, z.B. befällt der Rußrindenpilz verstärkt Ahorn-Bäume während und nach Dürrejahren.

Derzeit sterben flächenweise Fichten ab, fast 50% sind „mittelstark geschädigt“

Offensichtlich ist ein trockener Wald besonders anfällig für Waldbrände.

Was getan werden müsste…

Es besteht also Handlungsbedarf. Aber wie sehen die Empfehlungen hierzu aus?

Im 2020 erschienenem „Handbuch Klimaschutz“ sind unter anderem folgende Empfehlungen enthalten, die wir  als Klimaliste auch in unserem Kliamplan aufstellen:

Qualitativ hochwertige Wälder, mit z.B. standortgerechter Baumauswahl und nachhaltiger Bewirtschaftung - In dieses facettenreiche Thema lässt sich hier nicht tiefer einsteigen.

Durch die Verwendung von Holz als Baustoff oder für langlebige Produkte wird das enthaltene CO₂ entsprechend lange gebunden. Darüber hinaus wird so z.B. auch Zement ersetzt; der bei seiner Produktion sehr energieintensiv ist.

Nach Waldschäden müssten Aufforstungen so erfolgen, dass die neuen Bäume möglichst viel CO₂ binden können. Derzeit ist das Ziel häufig noch eine kostengünstige Bepflanzung.

Neben diesen direkten Maßnahmen wird im Handbuch Klimaschutz auch empfohlen, den Anbau von Energiepflanzen wie Raps oder Mais einzustellen, auf den frei werdenden Flächen könnte dann systematisch aufgeforstet werden. Ausgegangen wird hier von einer Zunahme der Waldfläche um ca. 8 %.
Auch die Empfehlungen der Schutzgemeinschaft deutscher Wald, Landesverband Rheinland-Pfalz, decken sich mit den Forderungen aus dem „Handbuch Klimaschutz“.

…und was die Landesregierung plant

In der „Walderklärung“ von 2019 werden folgende Maßnahmen genannt: Stärkung der Anpassungsfähigkeit der Wälder; wirtschaftliche Unterstützung der Waldbesitzer; Gelder, welche durch eine CO₂-Bepreisung eingenommen werden, sollen in angemessenem Umfang weitergeleitet werden; das Bauen mit Holz soll gefördert werden; außerdem wird angeregt, dass künftige Bundesgesetze zum Klimaschutz auch den Wald miteinbeziehen.

Gelobt wurden die Anstrengungen der Landesregierung in den oben erwähnten Empfehlungen der Schutzgemeinschaft deutscher Wald:

Die 3. Bundeswaldinventur zeigt, dass der Holzvorrat in den rheinland-pfälzischen Wäldern weiter wächst. Auch der Totholzanteil und alte Baumindividuen nehmen zu. Die Umsetzung des Konzeptes zum Umgang mit Biotopbäumen, Altbäumen und Totholz (BAT-Konzept) sowie die Zertifizierung nach FSC und PEFC Standards waren wichtige forstpolitische Entscheidungen. Das Land hat hier eine Vorbildfunktion eingenommen[.]

Zusammenfassung / Evaluation

Eine umfassende Bestandsaufnahme ist natürlich im Rahmen eines Blogartikels nicht möglich. Dennoch ließ sich zeigen, dass die Landesregierung das Thema „auf dem Schirm“ hat – zunächst war auch der Verfasser dieser Zeilen davon überrascht.
Die Überraschung legt sich aber schnell, denn: 25,6% des Waldes gehören dem Land Rheinland-Pfalz und werden von diesem bewirtschaftet (weitere 46,1 % sind Kommunalwald), eine detaillierte Karte kann hier unter dem Punkt „Übersichtskarte Forstämter Landesforsten Rheinland-Pfalz“ heruntergeladen werden. 2018 und 2019 gab es Noternten von 5,5 Millionen Bäumen, in den beiden Jahren ist der Preis für Fichtenholz um fast 50 % gefallen und lag bei 44 € je Festmeter. Zudem werden Wege durch den übermäßigen Holztransport schnell verschließen und müssen erneuert werden. Insgesamt lag der bisherige Schaden bei 100 Millionen €.
Dies zeigt: Werden die Kosten für entstandene Schäden unmittelbar sichtbar und können nicht auf Andere externalisiert werden, wird die Politik zum Handeln gezwungen – fraglich ist aber, wie sich diese Erkenntnis auf weitere Politikbereiche übertragen lässt.
Weitergehende Maßnahmen der Klimaliste finden sich im Kapitel „Forstwirtschaft zukunftsfähig machen“ in unserem Klimaplan.

Literatur

Landesforsten Rheinland-Pfalz. „Klimawandel.wald-rlp.de“. Landesforsten Rheinland-Pfalz. Zugegriffen 30. November 2020. https://dev.wald-rlp.de/de/klimawandelwald-rlpde/.

Landesregierung Rheinland-Pfalz. „Klimaschutz für den Wald – unser Wald für den Klimaschutz (‚Walderklärung‘)“, 11. Juni 2019. https://mueef.rlp.de/fileadmin/mulewf/Startseite/pdf-Dateien/Walderklaerung-RLP-11062019.pdf.

Mehr Demokratie e.V., Hrsg. Handbuch Klimaschutz. München: oekom Verlag, 2020.

Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Hrsg. Waldzustandsbericht 2020. Mainz, 2020. https://fawf.wald-rlp.de/de/veroeffentlichungen/waldzustandsbericht.

SDW - Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. „Wald Im Klimastress - Position Der SDW Rheinland-Pfalz“. Zugegriffen 30. November 2020. https://www.sdw-rlp.de/index.php?wald-im-klimastress-position-sdw.

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